Geschichte der Reimbibeln: Unterschied zwischen den Versionen

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=='Reim(bibel)werke' in der Bewertung der jüngere Forschung==
=='Reim(bibel)werke' in der Bewertung der jüngere Forschung==


Wirft man einen Blick auf die von Kaulen angeführten Reimbibeln, bzw. auch solche Werke die diese Bezeichnung im Namen führen, dann fallen einige eigentlich in jeden Gattungen, von denen Kaulen sie abgegrenzt wissen wollte.
Die Frage nach einer Gattung der 'Reimbibeln' fällt zusammen mit der Frage, inwieweit Bibeldichtung als Bibel<i>übersetzung</i> kann oder lediglich als Bibel<i>bearbeitung</i> verstanden werden muss. Kaulens unscharfe Definition, die nicht konsequent genug zwischen beiden Gruppen unterschied, führte letztlich dazu, dass die von ihm angeführten Beispiele ein sehr heterogenes Bild abgeben. Dass einzelne Werke dabei die Bezeichnung 'Reimbibel' sogar im Namen tragen (sei es als traditionelle Betitelung oder als Beschreibung durch ihre wissenschaftlichen Entdecker) macht die Differenzierung zwischen versifizierten Übersetzungswerken und bibelepischen Texten besonders dringlich.


===Bibelepik und bibelepisches Erzählen===
===Bibelepik und bibelepisches Erzählen===
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===Historienbibel und Weltchroniken, Petrus Comestors <i>Historia Scholastica</i>===
===Historienbibel und Weltchroniken, Petrus Comestors <i>Historia Scholastica</i>===


Nach Kaulen bestehe zudem eine Abgrenzung der Reimbibeln von den Weltchroniken, die ebenfalls gereimte Übersetzungen der Bibel enthalten würden und diese mit anderen Stoffe zusammenbringen darin, dass diese "die heilige Geschichte nach ganz freier Auffassung, ohne Rücksicht auf eine bestehende Form" darstellten</i><ref>Zweite Auflage, Hrsg. von Franz Kaulen, Bd. 10 (Freiburg: Herder, 1897), Sp. 963-967.</ref>
Kaulens Versuch, eine Abgrenzung der Reimbibeln von den Weltchroniken, die ebenfalls gereimte Übersetzungen der Bibel enthalten würden und diese mit anderen Stoffe zusammenbrächten, dadurch sicherzustellen, dass er konstaierte, letztere stellten "die heilige Geschichte nach ganz freier Auffassung, ohne Rücksicht auf eine bestehende Form" dar</i><ref>Zweite Auflage, Hrsg. von Franz Kaulen, Bd. 10 (Freiburg: Herder, 1897), Sp. 963-967.</ref> zog eine durchlässige Grenze.
Aus diesem Grund sah Kaulen die durch ihre Wirkung einflußreiche ''[[wikipedia:Historia_scholastica|'''Historia scholastica''']]'' des [https://de.wikipedia.org/wiki/Petrus_Comestor Petrus Comestor] (ca. 1100-1178) nicht als Vorgängerin der 'Reimbibeln‘:
Richtigerweise sah er allerdings deshalb die durch ihre Wirkung einflußreiche ''[[wikipedia:Historia_scholastica|'''Historia scholastica''']]'' des [https://de.wikipedia.org/wiki/Petrus_Comestor Petrus Comestor] (ca. 1100-1178) nicht als Vorgängerin der 'Reimbibeln' an:


: <i>„Gewöhnlich nimmt man an, den Reimbibel läge die Historia scholastica des Petrus Comestor zu Grunde; doch darf dies bezweifelt werden, weil hie und da eine Verschiedenheit hervortritt […] und so die Bibel als directe Vorlage erscheinen läßt […].“</i><ref>Zweite Auflage, Hrsg. von Franz Kaulen, Bd. 10 (Freiburg: Herder, 1897), Sp. 963-967.</ref>
: <i>„Gewöhnlich nimmt man an, den Reimbibel läge die Historia scholastica des Petrus Comestor zu Grunde; doch darf dies bezweifelt werden, weil hie und da eine Verschiedenheit hervortritt […] und so die Bibel als directe Vorlage erscheinen läßt […].“</i><ref>Zweite Auflage, Hrsg. von Franz Kaulen, Bd. 10 (Freiburg: Herder, 1897), Sp. 963-967.</ref>


Allerdings hat Kaulen sich - womöglich in mangelnder Kenntnis - im Falle der [https://de.wikipedia.org/wiki/Jacob_van_Maerlant Jakob van Maerlants] um 1300 verfassten '''[https://nl.wikipedia.org/wiki/Rijmbijbel „Rijmbibel“]''' täuschen lassen: Deren gebräuchlicher (irreführender) Name stammt aus dem Spätmittelalter. Van Maerlant betitelte sein Werk selbst dagegen <i>„Scolastica in dietschen,“</i> und gibt es so als niederländische Bearbeitung ebenjener [https://en.wikipedia.org/wiki/Historia_scholastica <i>Historia Scholastica</i>] des Petrus Comestor zu erkennen.<ref> https://nl.wikipedia.org/wiki/Rijmbijbel</ref>  
Womöglich durch mangelnde Kenntnis hat er sich dann aber im Falle der [https://de.wikipedia.org/wiki/Jacob_van_Maerlant Jakob van Maerlants] um 1300 verfassten '''[https://nl.wikipedia.org/wiki/Rijmbijbel „Rijmbibel“]''' täuschen lassen: Deren gebräuchlicher (irreführender) Name stammt aus dem Spätmittelalter. Van Maerlant betitelte sein Werk selbst dagegen <i>„Scolastica in dietschen,“</i> und gibt es so als niederländische Bearbeitung ebenjener [https://en.wikipedia.org/wiki/Historia_scholastica <i>Historia Scholastica</i>] des Petrus Comestor zu erkennen.<ref> https://nl.wikipedia.org/wiki/Rijmbijbel</ref>  
 
Keine „Reimbibel“ ist ebenefalls die sogenannte '''„Meininger Reimbibel“''', eine fragmentarisch überlieferte Historienbibel, deren Handschrift in der ehemaligen Meininger Herzöglichen öffentlichen Bibliothek aufbewahrt wurde (heute größtenteils verschollen).<ref>https://handschriftencensus.de/werke/608</ref> Sie stammte aus dem Thüringischen Raum (vermutlich der ersten Hälfte des 14. Jahrhunderts). Auch ihre Hauptquelle ist Petrus Comestor<ref>Vgl. Hans Vollmer, Niederdeutsche Historienbibeln und andere Bibelbearbeitungen (Materialien zur Bibelgeschichte und religiösen Volkskunde des Mittelalters I,2), Berlin 1916, S. 27-29, 107-119: https://doi.org/10.11588/diglit.2077#0123.</ref> und sie steht damit in derselben Tradition wie [https://de.wikipedia.org/wiki/Rudolf_von_Ems Rudolf von (Hohen)Ems (+ 1254?)] Weltchronik, bzw. die sogenannte „[https://www.uni-trier.de/fileadmin/forschung/maw/MWB/Plate/Christherre-Chronik_Teilausgabe_1998.pdf Christherre-Chronik]“.


==='Reimbibel' als "Verlegenheitsetikett"===
==='Reimbibel' als "Verlegenheitsetikett"===


Vor der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts entstandene Forschungsliteratur benutzte den Terminus 'Reimbibel' für viele Werke, die eigentlich wesentlich diverserer Natur sind als es der obigen Definition entspricht:
Die teils fließenden Übergänge werden auch im Fall der <b>'Mittelfränkischen Reimbibel'</b> (oder: „Mittelfränkisches Legendar“ oder „Rheinländische Reimbibel“) deutlich. Verfasst vermutlich in Westfalen (oder Köln) zur Mitte des 12. Jahrhundert wurde von David A. Wells als „gereimte Homilie“ („verse homiliary“) bezeichnet (2004): „Eine Anordnung versifizierter ‚homiletic narratives‘, die dann schon aufgrund ihres umfänglichen thematischen Ausgreifens auf außerbiblische Stoffe nicht überzeugen als ‚Reimbibel‘ angesprochen werden kann.“<ref>https://www.google.de/books/edition/Bibelepisches_Erz%C3%A4hlen_vom_Transitus_Ma/pT3EDwAAQBAJ?hl=de&gbpv=1&dq=Mittelfr%C3%A4nkische+Reimbibel&pg=PA298&printsec=frontcover, S. 299. Siehe: https://handschriftencensus.de/4846</ref> Zwar stimmt Ernst Hellgard in seiner Rezension (2011) damit überein, dass 'Reimbibel' ein "Verlegenheitsetikett" sei - wenn auch ein "schwer revidierbare Name", <ref>Ernst Hellgardt: "Fast ein Handbuch zur frühmittelhochdeutschen Literatur" (siehe hier: https://www.iaslonline.lmu.de/index.php?vorgang_id=2992)</ref>, stimmt mit Wells Bezeichnung einer "Sammlung von Verspredigten" nicht überein, ohne allerdings eine alternative Beschreibung zu treffen.
 
Keine „Reimbibel“ im eigentlichen Sinne ist die sogenannte '''„Meininger Reimbibel“''', eine fragmentarisch überlieferte Historienbibel, deren Handschrift in der ehemaligen Meininger Herzöglichen öffentlichen Bibliothek aufbewahrt wurde (heute größtenteils verschollen).<ref>https://handschriftencensus.de/werke/608</ref> Sie stammte aus dem Thüringischen Raum (vermutlich der ersten Hälfte des 14. Jahrhunderts). Auch ihre Hauptquelle ist Petrus Comestor<ref>Vgl. Hans Vollmer, Niederdeutsche Historienbibeln und andere Bibelbearbeitungen (Materialien zur Bibelgeschichte und religiösen Volkskunde des Mittelalters I,2), Berlin 1916, S. 27-29, 107-119: https://doi.org/10.11588/diglit.2077#0123.</ref> und sie steht damit in derselben Tradition wie [https://de.wikipedia.org/wiki/Rudolf_von_Ems Rudolf von (Hohen)Ems (+ 1254?)] Weltchronik, bzw. die sogenannte „[https://www.uni-trier.de/fileadmin/forschung/maw/MWB/Plate/Christherre-Chronik_Teilausgabe_1998.pdf Christherre-Chronik]“.
 
Die teils fließenden Übergänge werden auch im Fall der <b>'Mittelfränkischen Reimbibel'</b> (oder: „Mittelfränkisches Legendar“ oder „Rheinländische Reimbibel“) deutlich. Verfasst vermutlich in Westfalen (oder Köln) zur Mitte des 12. Jahrhundert wird sie in der jüngere Forschung als „gereimte Homilie“ („verse homiliary“) bezeichnet: „Eine Anordnung versifizierter ‚homiletic narratives‘, die dann schon aufgrund ihres umfänglichen thematischen Ausgreifens auf außerbiblische Stoffe nicht überzeugen als ‚Reimbibel‘ angesprochen werden kann.“<ref>https://www.google.de/books/edition/Bibelepisches_Erz%C3%A4hlen_vom_Transitus_Ma/pT3EDwAAQBAJ?hl=de&gbpv=1&dq=Mittelfr%C3%A4nkische+Reimbibel&pg=PA298&printsec=frontcover, S. 299. Siehe: https://handschriftencensus.de/4846</ref>


=Mittelalterliche 'Reimbibeln'?=
=Mittelalterliche 'Reimbibeln'?=


Unabhängig vom oben Gesagten gibt es dennoch einzelne Werke auf die die engere Definition einer 'Reimbibel' oder eines 'Reimbibelwerkes' zutreffend erscheint.
Unabhängig vom oben Gesagten gibt es dennoch einzelne Werke auf die die engere Definition einer 'Reimbibel' oder eines 'Reimbibelwerkes' als versifizierter Bibelübersetzung zutreffend erscheint.


==„Bruchstücke einer Gereimten Bibelübersetzung“==
==Bruchstücke einer Gereimten Bibelübersetzung==
Wilhelm Gemoll veröffentlichte zwei Fragmente einer in mittelhochdeutsch im 13. Jahrhundert (Raum: Mitteldeutschland) verfassten gereimten Bibelübersetzung. Erhalten sind das Ende von 2. Samuel, der Anfang von 1. Könige und ein Stück aud dem Buch Judith. "Viel treuer als die Weltchroniken thun gibt diese Dichtung die betreffenden Stücke wieder, so daß man sie eher als eine gereimte Übersetzung der Bibel denn als eine Weltchronik wird bezeichnen dürfen."<ref>Wilhelm Gemoll: "Bruchstücke einer Gereimten Bibelübersetzung", in: <i>Germania: Vierteljahrsschrift für deutsche Altertumskunde</i> 19 (1874), S. 339-343) [https://www.google.de/books/edition/Germania_Wien/E8BgAAAAcAAJ?hl=de&gbpv=1&dq=Bruchst%C3%BCcke+einer+gereimten+Bibel%C3%BCbersetzung+Gemoll&pg=PA339&printsec=frontcover Digitalisat]</ref>  
Wilhelm Gemoll veröffentlichte zwei Fragmente einer in mittelhochdeutsch im 13. Jahrhundert (Raum: Mitteldeutschland) verfassten gereimten Bibelübersetzung. Erhalten sind das Ende von 2. Samuel, der Anfang von 1. Könige und ein Stück aud dem Buch Judith. "Viel treuer als die Weltchroniken thun gibt diese Dichtung die betreffenden Stücke wieder, so daß man sie eher als eine gereimte Übersetzung der Bibel denn als eine Weltchronik wird bezeichnen dürfen."<ref>Wilhelm Gemoll: "Bruchstücke einer Gereimten Bibelübersetzung", in: <i>Germania: Vierteljahrsschrift für deutsche Altertumskunde</i> 19 (1874), S. 339-343) [https://www.google.de/books/edition/Germania_Wien/E8BgAAAAcAAJ?hl=de&gbpv=1&dq=Bruchst%C3%BCcke+einer+gereimten+Bibel%C3%BCbersetzung+Gemoll&pg=PA339&printsec=frontcover Digitalisat]</ref>  


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==„St. Pauler Evangelienreimwerk“==
==St. Pauler Evangelienreimwerk==


Das in Mittelhochdeutsch verfasste Werk ist auf 110 Blatt einer einzigen, in der Stiftsbibliothek von St. Paul im Lavanthal (Kärnten), womöglich als Abschrift des Original erhaltenen Handschrift enthalten (Datierung: Mitte 14. Jahrhundert).<ref>https://handschriftencensus.de/17029</ref>. Der unbekannte Verfasser/Übersetzer (vermutlich ein einfacher Priester) hat die vier Evangelien (beginnend mit Matthäus 17,4; der Anfang ist verloren) nah am Text der Vulgata bleibend übersetzt und versifiziert. Zur Herstellung seiener Reime hat er nur sachlich unbedeutende Ergänzungen, bzw. „Flickwörter“ aus verschiedenen Mundarten verwendet, wenige weggelassen oder ergänzt. Literatur: Ein erste ausführliche (erste) Beschreibung von Anton Schönbach; <ref>„Mittheilungen aus altdeutschen Handschriften VI: Ueber ein mitteldeutsches Evangelienwerk aus St. Paul“, in: Sitzungsberichte der phil.-hist. Classe der kaiserl. Akademie der Wissenschaften 137 (Wien: 1898), hier: https://archive.org/details/sitzungsbericht244klasgoog/page/n240/mode/2up?view=theater</ref> Eine vollständige Edition von Johannes Fournier<ref>"Das St. Pauler Evangelienreimwerk." Bd. 1: Text, Bd. 2: Untersuchungen (Vestigia Bibliae 19/20), Bern u.a. 1998.</ref>
Das in Mittelhochdeutsch verfasste Werk ist auf 110 Blatt einer einzigen, in der Stiftsbibliothek von St. Paul im Lavanthal (Kärnten), womöglich als Abschrift des Original erhaltenen Handschrift enthalten (Datierung: Mitte 14. Jahrhundert).<ref>https://handschriftencensus.de/17029</ref>. Der unbekannte Verfasser/Übersetzer (vermutlich ein einfacher Priester) hat die vier Evangelien (beginnend mit Matthäus 17,4; der Anfang ist verloren) nah am Text der Vulgata bleibend übersetzt und versifiziert. Zur Herstellung seiener Reime hat er nur sachlich unbedeutende Ergänzungen, bzw. „Flickwörter“ aus verschiedenen Mundarten verwendet, wenige weggelassen oder ergänzt. Literatur: Ein erste ausführliche (erste) Beschreibung von Anton Schönbach; <ref>„Mittheilungen aus altdeutschen Handschriften VI: Ueber ein mitteldeutsches Evangelienwerk aus St. Paul“, in: Sitzungsberichte der phil.-hist. Classe der kaiserl. Akademie der Wissenschaften 137 (Wien: 1898), hier: https://archive.org/details/sitzungsbericht244klasgoog/page/n240/mode/2up?view=theater</ref> Eine vollständige Edition von Johannes Fournier<ref>"Das St. Pauler Evangelienreimwerk." Bd. 1: Text, Bd. 2: Untersuchungen (Vestigia Bibliae 19/20), Bern u.a. 1998.</ref>
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Tatsächlich haben Anhänger der Reformation lebhafte Aktivititäten darin entwickelt auf verschiedene Weise lyrische Bearbeitungen biblischer Texte zur Vermittlung ihrer Inhalte zu nutzen.
Tatsächlich haben Anhänger der Reformation lebhafte Aktivititäten darin entwickelt auf verschiedene Weise lyrische Bearbeitungen biblischer Texte zur Vermittlung ihrer Inhalte zu nutzen.


==Reimen mit und nach Luther==
==Reimen mit und nach Luther: Bibeldichtung im 16. Jahrhundert==
 
Auch in der Zeit der Reformation waren lyrische Bearbeitungen biblischer Stoffe in verschiedenen literairschen Gattungen populär


===Lieder: Luthers Psalmenlieder, Ambrosius Lobwasser Übersetzung des ‚Genfer Psalters‘===
===Psalmlieder: Martin Luther, Ambrosius Lobwasser Übersetzung des ‚Genfer Psalters‘===


Verreimungen der Psalmen in der Volkssprache waren bereits im Mittelalter populär (s.o. Surtees Psalter). Ab der Reformation bekamen solche Übertragungen/Übersetzungen eine hervorgehobene Bedeutung für den Gemeindegesang im Gottesdienst. Das „Achtliederbuch“ („Etlich Cristlich lider / Lobgesang und Psalm“ (Wittenberg (eigentl. Nürnberg), 1524) enthält mit „Ach Gott, vom Himmel sieh darein“ (nach Psalm 12), „Es spricht der Unweisen Mund wohl“ (nach Psalm 14) und „Aus tiefer Not schrei ich zu dir“ (nach Psalm 130) drei Psalmenlieder Martin Luthers.
Verreimungen der Psalmen in der Volkssprache waren bereits im Mittelalter populär (s.o. Surtees Psalter). Ab der Reformation bekamen solche Übertragungen/Übersetzungen eine hervorgehobene Bedeutung für den Gemeindegesang im Gottesdienst. Martin Luther selbst schuf einige Lieder, mit denen er seine Rechtfertigungslehre verbreiten auf die Lieder der Täufer und die Hymnen Thomas Müntzers reagieren wollte.<ref>Inka Bach und Helmut Galle:
"Deutsche Psalmendichtung vom 16. bis zum 20. Jahrhundert." (Berlin/New York: De Gruyter, 1989), S. 89.</ref> Das „Achtliederbuch“ („Etlich Cristlich lider / Lobgesang und Psalm“ (Wittenberg (eigentl. Nürnberg), 1524) enthält mit „Ach Gott, vom Himmel sieh darein“ (nach Psalm 12), „Es spricht der Unweisen Mund wohl“ (nach Psalm 14) und „Aus tiefer Not schrei ich zu dir“ (nach Psalm 130) drei Psalmenlieder Martin Luthers.


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Gewissermaßen im Gefolge der mittelalterlichen Armenbibeln steht der Figurenband von Jost Amman (1539-1591) mit Text von Heinrich Peter Rebenstock (1541-1595): „Neuwe Biblische Figuren: Künstlich vnd artig gerissen, durch den sinn vnd kunstreichen auch weitberühmte[n] Jost Amman, von Zürych, mit schönen Teutschen Reimen, welche den gantzen in[n]halt einer jeden Figur vnd Capitel kurtz begreiffen, zuvor dergleichen nie im Druck außgangen — Frankfurt a.M., 1571“  
Gewissermaßen im Gefolge der mittelalterlichen Armenbibeln steht der Figurenband von Jost Amman (1539-1591) mit Text von Heinrich Peter Rebenstock (1541-1595): „Neuwe Biblische Figuren: Künstlich vnd artig gerissen, durch den sinn vnd kunstreichen auch weitberühmte[n] Jost Amman, von Zürych, mit schönen Teutschen Reimen, welche den gantzen in[n]halt einer jeden Figur vnd Capitel kurtz begreiffen, zuvor dergleichen nie im Druck außgangen — Frankfurt a.M., 1571“  
https://digi.ub.uni-heidelberg.de/diglit/rebenstock1571/0024/image,info  
https://digi.ub.uni-heidelberg.de/diglit/rebenstock1571/0024/image,info
 
 
===Gereimte Summarien und Perikopenepigramme===
===Gereimte Summarien und Perikopenepigramme===



Aktuelle Version vom 4. Januar 2024, 23:02 Uhr

Kurze und unvollständige und unvollkommene Bemerkungen zur Geschichte der 'Reimbibeln'

Was ist (k)eine ‚Reimbibel‘?

Gattungsbezeichnungen und die Zuordnung einzelner literarischer Werke zu bestimmten Gattungen unterliegen einem wissenschaftlichen Aushandlungsprozess, der bedingt etwa durch fortlaufende Kritik und die Neubewertung früherer historische Setzungen zu einem ausdifferenzierterem Bild der Vielfalt und Vielschichtigkeit literarischer Produktion führt. Ob es eine Gattung der (mittelalterlichen) "Reimbibeln" tatsächlich gibt/gab ist grundsätzlich fraglich. Zwar fand und findet sich diese Benennung in der älteren wissenschaftlichen Literatur (Ende 19. Jahrhundert/ erste Hälfte 20. Jahrhundert) für einzelne Werke immer wieder, dennoch scheint die Definition dessen, was eine Reimbibel tatsächlich ist - was also die Summe der ihr zugeschriebenen Werke gemeinsam haben und sie von anderen abgrenzt - schwierig. Bis auf eine Ausnahme - soweit ersichtlich - ist auch von Literaturwissenschaftlern kein Versuch unternommen, diese Gattung zu beschreiben.

Versuch einer Definition von Franz Kaulen

Reimbibeln heißen mittelalterliche Übersetzungen der der heiligen Schrift, welche in der dichterischen Kunstform der damaligen Zeit, nämlich in kurzen gereimten Verszeilen abgefaßt sind. […] Die Reimbibeln sind nämlich eigentliche Übersetzungen des lateinischen Bibeltextes, welche nur in dichterisches Gewand gekleidet sind, sonst aber den Wortlaut ihrer Vorlage möglichst beibehalten.“[1]

"Wetzer und Welte's Kirchenlexikon" von 1897 ist soweit auszumachen das einzige Nachschlagewerk, dass den 'Reimbibeln' ein Stichwort widmet. Der Autor (Franz Kaulen) bestimmt die Gattung 'Reimbibel‘ als:

a) mittelalterliche
b) "eigentliche Übersetzungen" (aus dem Lateinischen)
c) In dichterischer Form

Mutmaßliche Abgrenzung zu Bibelepen, Evangelienharmonien und Historienbibeln (Weltchroniken)

'Reimbibeln' seien abzugrenzen von anderen gereimten Bearbeitungen des Bibeltextes, soweit sie sich in ihrem grundlegenden Charakter von einer Übertragung/Übersetzung entfernten:

„Sie haben nichts gemein mit denjenigen dichterischen Gebilden, in welchen die bei den Völkern vorhandene dichterische Schöpfungskraft durch die biblischen Thatsachen neu angeregt und befruchtet wurde, wie mit Cädmons Dichtungen oder dem altsächsischen Heliand (s. d. Artt.); sie sind auch verschieden von den sog. Moralitates, in welchen der biblische Inhalt zur Erbauung ausgedeutet wurde, wie von Otfrids (s. d. Art.) Evangelienharmonie; vielmehr berühren sie sich mit den sogen. Weltchroniken, in welchen die heilige und die profane Geschichte bloß zu lehrhaften Zwecken in gereimter Bearbeitung dargestellt wurden.“ [2]

Allerdings sei die Anwesenheit legendarischer, apokrypher oder gänzlich außerbiblischer Stoffe noch kein Ausschlußkriterium:

„Eingeflochten sind manche meist legendenhaften Einzelheiten, welche aus biblischen Apokryphen, mitunter auch aus weltlichen Schriften stammen.“[3]

Diese Aufweichung der obigen strengen drei Kriterien ergibt sich auch aus Kaulens Annahme über den "Sitz im Leben", d.h. Entstehungskontext und Funktion der Reimbibeln:

"Eben weil die besprochene Kunstform [der gedichteten Weltchroniken (Anm. d. Verf.)] sehr verbreitet und beliebt war, erschien sie den Geistlichen als ein vorzügliches Mittel, die Kenntniß der heiligen Schrift zu verbreiten und die Lesung der in derselben Form abgefaßten weltlichen Gedichte zu beschränken."[4]

'Reimbibeln' stellen sich daher in der Mehrzahl als hybride Produkte dar, die - unabhängig von ihrer Nomenklatur - eine Zwischenstellung zwischen weltlicher und geistlicher literarischer Sphäre einnehmen.

'Reim(bibel)werke' in der Bewertung der jüngere Forschung

Die Frage nach einer Gattung der 'Reimbibeln' fällt zusammen mit der Frage, inwieweit Bibeldichtung als Bibelübersetzung kann oder lediglich als Bibelbearbeitung verstanden werden muss. Kaulens unscharfe Definition, die nicht konsequent genug zwischen beiden Gruppen unterschied, führte letztlich dazu, dass die von ihm angeführten Beispiele ein sehr heterogenes Bild abgeben. Dass einzelne Werke dabei die Bezeichnung 'Reimbibel' sogar im Namen tragen (sei es als traditionelle Betitelung oder als Beschreibung durch ihre wissenschaftlichen Entdecker) macht die Differenzierung zwischen versifizierten Übersetzungswerken und bibelepischen Texten besonders dringlich.

Bibelepik und bibelepisches Erzählen

Hinter Sammelbegriffen wie ‚Bibelepik‘, ‚Bibeldichtung‘ und ‚biblische Legende‘ verbirgt sich ein kaum eindeutig zu definierendes Textcorpus, ein Sammelbecken hybrider Erzählungen zwischen heiligem und kulturellem Text.[5]
Bibelepische Texte sind dennoch, selbst wenn sie als Paraphrasen nah am biblischen Grundtext erzählen, weder als bloße Übersetzungen noch als geschöpftes Neues, sondern als Bearbeitungen eines biblischen oder apokryphen Stoffs als Gotteslob und Dienst am Glauben zu verstehen.

Zu Zeugnissen des "bibelepischen Erzählens" zählen beispielsweise Evangelienharmonien, wie der altsächsische Heliand (Niederschrift um 830), und exemplarisch Otfrid von Weißenburgs' Evangelienbuch (lat. Liber evangeliorum), vollendet zwischen 863 und 871, das als erstes Werk überhaupt den Endreimvers anstelle des Stabreims in das Althochdeutsche einführte. Es gilt als zugleich als (Bibel)Epos, das Paraphrase mit Kommentar verbindet. Zur Veranschaulichung geben wir hier die die ersten Zeilen aus Otfrid's Vaterunser wieder, zusammen mit einer hochdeutschen Übersetzung:

Otfrid von Weißenburg (871)

Fater unser guato,

bist druhtin thu gimuato

in himilon io hoher

uuih si namo thiner.

Biqueme uns thinaz richi

thaz hoha himilrichi,

thara uuir zua io gingen

ioh emmizigen thingen.

Si uuillo thin hiar nidare,

sos er ist uf'in himile.

in erdu hüt' uns hiare,

so thu ehgilon duist nu thare.

Karl Hessel (1910)[6]

Vater unser guter,

Herr bist du ein lieber,

Im Himmel sei stets dein Name geweihet, der hohe.

*

Es komme zu uns dein Reich,

das hohe Himmelreich,

Zu dem wir stets gingen,

stets emsiglich dringen.

Dein Wille sei hienieden,

wie er ist im Himmel droben.

Hilf uns hier auf Erden,

wie du den Engeln nun tust dorten.

Weitere Beispiele sind nach Susanne Spreckelmeier die "Genesis und Exodus nach der Milstäter Handschrift" (ed. Joseph Diemer (Wien: Carl Gerold’s Sohn, 1862 (Bd. 1 und 2))[7], die Kaulen als frühestes Beispiel einer 'Reimbibel' anführt. Die Handschrift, dessen ältester Textbestand aus dem österreichischem Raum vom Ende des 11. Jahrhunderts stammt, beinhaltet u.a. eine gereimte freie dichterische Übertragungen des 1. Buch Mose (Altdeutsche Genesis) und des 2. Buches Mose, Kapitel 1-15 (Altdeutsches Exodus). Der Verfasser hat den Text an einigen Stellen gekürzt (es fehlen einige Kapitel, bzw. Versabschnitte) an anderen ergänzt.

An diesem Beispiel ist gut zu erkennen, dass sich das oben genannte Kriterium "eigentliche Übersetzung" recht schwammig stark interpretationsabhängig ist.

Historienbibel und Weltchroniken, Petrus Comestors Historia Scholastica

Kaulens Versuch, eine Abgrenzung der Reimbibeln von den Weltchroniken, die ebenfalls gereimte Übersetzungen der Bibel enthalten würden und diese mit anderen Stoffe zusammenbrächten, dadurch sicherzustellen, dass er konstaierte, letztere stellten "die heilige Geschichte nach ganz freier Auffassung, ohne Rücksicht auf eine bestehende Form" dar[8] zog eine durchlässige Grenze. Richtigerweise sah er allerdings deshalb die durch ihre Wirkung einflußreiche Historia scholastica des Petrus Comestor (ca. 1100-1178) nicht als Vorgängerin der 'Reimbibeln' an:

„Gewöhnlich nimmt man an, den Reimbibel läge die Historia scholastica des Petrus Comestor zu Grunde; doch darf dies bezweifelt werden, weil hie und da eine Verschiedenheit hervortritt […] und so die Bibel als directe Vorlage erscheinen läßt […].“[9]

Womöglich durch mangelnde Kenntnis hat er sich dann aber im Falle der Jakob van Maerlants um 1300 verfassten „Rijmbibel“ täuschen lassen: Deren gebräuchlicher (irreführender) Name stammt aus dem Spätmittelalter. Van Maerlant betitelte sein Werk selbst dagegen „Scolastica in dietschen,“ und gibt es so als niederländische Bearbeitung ebenjener Historia Scholastica des Petrus Comestor zu erkennen.[10]

Keine „Reimbibel“ ist ebenefalls die sogenannte „Meininger Reimbibel“, eine fragmentarisch überlieferte Historienbibel, deren Handschrift in der ehemaligen Meininger Herzöglichen öffentlichen Bibliothek aufbewahrt wurde (heute größtenteils verschollen).[11] Sie stammte aus dem Thüringischen Raum (vermutlich der ersten Hälfte des 14. Jahrhunderts). Auch ihre Hauptquelle ist Petrus Comestor[12] und sie steht damit in derselben Tradition wie Rudolf von (Hohen)Ems (+ 1254?) Weltchronik, bzw. die sogenannte „Christherre-Chronik“.

'Reimbibel' als "Verlegenheitsetikett"

Die teils fließenden Übergänge werden auch im Fall der 'Mittelfränkischen Reimbibel' (oder: „Mittelfränkisches Legendar“ oder „Rheinländische Reimbibel“) deutlich. Verfasst vermutlich in Westfalen (oder Köln) zur Mitte des 12. Jahrhundert wurde von David A. Wells als „gereimte Homilie“ („verse homiliary“) bezeichnet (2004): „Eine Anordnung versifizierter ‚homiletic narratives‘, die dann schon aufgrund ihres umfänglichen thematischen Ausgreifens auf außerbiblische Stoffe nicht überzeugen als ‚Reimbibel‘ angesprochen werden kann.“[13] Zwar stimmt Ernst Hellgard in seiner Rezension (2011) damit überein, dass 'Reimbibel' ein "Verlegenheitsetikett" sei - wenn auch ein "schwer revidierbare Name", [14], stimmt mit Wells Bezeichnung einer "Sammlung von Verspredigten" nicht überein, ohne allerdings eine alternative Beschreibung zu treffen.

Mittelalterliche 'Reimbibeln'?

Unabhängig vom oben Gesagten gibt es dennoch einzelne Werke auf die die engere Definition einer 'Reimbibel' oder eines 'Reimbibelwerkes' als versifizierter Bibelübersetzung zutreffend erscheint.

Bruchstücke einer Gereimten Bibelübersetzung

Wilhelm Gemoll veröffentlichte zwei Fragmente einer in mittelhochdeutsch im 13. Jahrhundert (Raum: Mitteldeutschland) verfassten gereimten Bibelübersetzung. Erhalten sind das Ende von 2. Samuel, der Anfang von 1. Könige und ein Stück aud dem Buch Judith. "Viel treuer als die Weltchroniken thun gibt diese Dichtung die betreffenden Stücke wieder, so daß man sie eher als eine gereimte Übersetzung der Bibel denn als eine Weltchronik wird bezeichnen dürfen."[15]

Aus 1. Könige 1:1-2 (Vergleich mit Luther (2017))

Der kunic davit waz worden alt
Von sinen tagen manicvalt
Er wart nicht warm swi vil der cleit
wurden da uf in geleit.
Zu der geschicht sprachen do
Gemeinlich sine knechte also
Wir suln in israhel vil gar
Dem kunige suchen her und dar
Eine schone iuncwrowe di im
Diene und vure in
In deme schoze slafe die
des kuniges. in sus werme sie
Als aber der König David alt war
und hochbetagt,
konnte er nicht warm werden,
wenn man ihn auch mit Kleidern bedeckte.
Da sprachen
seine Großen zu ihm:
Man
suche unserm Herrn, dem König,
eine Jungfrau, die
vor dem König stehe und ihn umsorge und
in seinen Armen schlafe und unsern Herrn,
den König, wärme.

St. Pauler Evangelienreimwerk

Das in Mittelhochdeutsch verfasste Werk ist auf 110 Blatt einer einzigen, in der Stiftsbibliothek von St. Paul im Lavanthal (Kärnten), womöglich als Abschrift des Original erhaltenen Handschrift enthalten (Datierung: Mitte 14. Jahrhundert).[16]. Der unbekannte Verfasser/Übersetzer (vermutlich ein einfacher Priester) hat die vier Evangelien (beginnend mit Matthäus 17,4; der Anfang ist verloren) nah am Text der Vulgata bleibend übersetzt und versifiziert. Zur Herstellung seiener Reime hat er nur sachlich unbedeutende Ergänzungen, bzw. „Flickwörter“ aus verschiedenen Mundarten verwendet, wenige weggelassen oder ergänzt. Literatur: Ein erste ausführliche (erste) Beschreibung von Anton Schönbach; [17] Eine vollständige Edition von Johannes Fournier[18]

Zur Anschauung daraus das "Gleichnis vom Barmherzigen Samariter" aus Lukas 10 (Fournier, Bd. 1 (1998), S. 214, Zeile 7839-7875):

Ihesus sach vf, er sprach da zu ym
'ein mensche ging gein Ihericho
von Iherusalem, vnd also
vnder die morder er bequam,
die yn gar beraubten sunder scham
vnd yn verwunten, daz er lah
wol halber dot vnd iamers plag.
nu quam ez, daz ein prister hin
ging an dem selben wege vnd yn
gesach da ligen. fur er ging.
zu glicher wiz den weg gefing
ein leuite vnd yn wol gesach.
daz selbe auch da von ym geschach,
von ym er wart auch da gelan.
gegangen ein Samaritan
quam an dem selben wege aldar
vmd yn gesach. erbermig gar
wart er gein ym alda zustunt.
wa daz er ergent waz verwunt,
da goz er oel in vnd win
vnd ym verbant die wunden sin
vnd vf sin roz gelut er yn,
in einen stal gefurte yn hin,
besorget leide er yn da nyder.
des andern dages quam er wider,
phenninge zwene er drug mit ym.
zu dem stalknehte sprach er: "nym
die phenninge vnd yn wol bewar.
vnd waz du me gelegest dar,
daz wil ich reichen wider dir."
vnder den drin so, welcher ir
dich dunket, der sin nehster were
sin, der also gar iamerbere
geuiel den mordern in die hant?'
er sprach: 'der sich ym det erkant
erbermig vnd zu helfe quam.'
Ihesus sprach: 'gang, wirb auch alsam.'

Surtees Psalter

Aus dem Angelsächsischen Raum sei hier der Surtees Psalter abschließend noch genannt. Er stammt aus der zweiten Hälfte des 13. Jahrhunderts und ist auf Mittelenglisch überliefert.[19] Als Beispiel daraus Psalm 1:1-2 mit Vergleich der Prosa-Übersetzung durch John Wycliff (1395):

Surtees Psalter (ca. 1275)

Seli biern þat noghte is gan

In þe rede ofe wicked man,

And in strete of sinfulle noght he stode,

Ne sat in setel ofe storme vngode;

Bot in lagh ofe lauerd his wille be ai,

And his lagh thinke he night and dai.

Wycliff Bible (ed. 1395)

1Blessid is the man, that yede not
in the councel of wickid men;
and stood not in the weie of synneris,
and sat not in the chaier of pestilence
2But his wille is in the lawe of the Lord;
and he schal bithenke in the lawe of hym dai and nyyt.

Frühmoderne 'Reimbibeln'?

Die Frage, ob es nach dem Mittelalter - besonders in der Zeit der Refomation - Werke gegeben hat, die man als 'Reimbibeln' bezeichnen könnte hängt davon ab, wie man diese definieren wolle. Klar scheint zu sein, dass die Entstehungsbedingungen und Motivationen für solche Werke anderen sein dürften, wenn man voraussetzen kann, dass durch den Buchdruck und die hohe Verbreitung volkssprachlicher Übersetzung der Bibel das Element der Übersetzung aus dem Lateinischen (oder einer anderen alten Sprache) praktisch nicht mehr vorkommt. Die reformatorische Bewegung stand zudem für eine inhaltliche "Reinheit" des Inhalts, insofern Mischwerke, die legendarische oder außerbiblische Inhalte mit der Heiligen Schrift verbinden auch nicht mehr zu erwarten sind. Übrig bleibt eine erbauliche, bzw. erzieherische Motivation, dass durch gereimte/versifizierte Übersetzungen die biblischen Texte der Bevölkerung auf erleichterte Weise nahegebracht werden sollte. Tatsächlich haben Anhänger der Reformation lebhafte Aktivititäten darin entwickelt auf verschiedene Weise lyrische Bearbeitungen biblischer Texte zur Vermittlung ihrer Inhalte zu nutzen.

Reimen mit und nach Luther: Bibeldichtung im 16. Jahrhundert

Auch in der Zeit der Reformation waren lyrische Bearbeitungen biblischer Stoffe in verschiedenen literairschen Gattungen populär

Psalmlieder: Martin Luther, Ambrosius Lobwasser Übersetzung des ‚Genfer Psalters‘

Verreimungen der Psalmen in der Volkssprache waren bereits im Mittelalter populär (s.o. Surtees Psalter). Ab der Reformation bekamen solche Übertragungen/Übersetzungen eine hervorgehobene Bedeutung für den Gemeindegesang im Gottesdienst. Martin Luther selbst schuf einige Lieder, mit denen er seine Rechtfertigungslehre verbreiten auf die Lieder der Täufer und die Hymnen Thomas Müntzers reagieren wollte.[20] Das „Achtliederbuch“ („Etlich Cristlich lider / Lobgesang und Psalm“ (Wittenberg (eigentl. Nürnberg), 1524) enthält mit „Ach Gott, vom Himmel sieh darein“ (nach Psalm 12), „Es spricht der Unweisen Mund wohl“ (nach Psalm 14) und „Aus tiefer Not schrei ich zu dir“ (nach Psalm 130) drei Psalmenlieder Martin Luthers.

"Erfurter Enchiridion" (1524) Lutherbibel (1545)
„Aus tieffer not schrey ich zu dir / AVs der tieffen / Ruffe ich HERR zu dir.
herr Gott erhör mein ruffen. Dein gnedig oren ker zu mir / vnd meyner bit sye offen. HErr höre meine stimme / Las deine Ohren mercken auff die stimme meines flehens.
Den so du wilt das sehen an / wie manche sund ich hab gethan. So du wilt HErr sünde zu rechen?
Wer kann herr fur dir bleiben HErr / Wer wird bestehen?

Der Genfer Psalter (franz. Psautier de Genève) mit seiner lyrischen Übersetzung der Psalmen durch Clément Marot (1496–1544) wurde als exkusives gottesdienstliches Gesangbuch der reformierten Tradition durch Johannes Calvin eingeführt. Im Gegensatz zu Luthers Dichtungen und denen anderer lutherische Dichter und Bearbeiter, durfte der biblische Text dabei allerdings weder verkürzt noch erweitert werden. In einer Übersetzung durch Ambrosius Lobwasser (erschienen 1573 als "Der Psalter des königlichen Propheten David") kam er auch im Deutschen Sprachraum in Gebrauch.

Psalm 130

„1. Zu dir von hertzen grunde
Ruff ich aus tieffer not /
Es ist nu zeit und stunde /
Vernim mein bitt Herr Gott /
Eröffne deine ohren
Wann ich Herr zu dir schrey /
Thu gnediglich anhoren
Was men anliegen sey.
2. Denn wenn du Herr geschwinde
Wolst richten vnser sünd /
Wen würd man alßdenn finden
Der für dir Herr bestünd? […]“[21]

Joachim Greff und das sächsische Reformationsdrama

Ein anderers Mittel stellten Dramatisierungen biblischer Stoffe dar, die im Stil der Zeit aus gereimten Mono- und Dialogen bestanden. Joachim Greff (1510-1552) dichtete verschiedene biblische Stoffe für Theateraufführungen um. Es entstanden die Dramen Jacob (1534), Susanna (1535), Judith (1536), Abraham (1540), Osterspiel (1542), Auferweckung des Lazarus (1545) und Zachäus (1546). Gegen Kritik anhaltischer Theologen wurden seine Stücke 1543 u.a. von Martin Luther und Philipp Melanchthon verteidigt.

Evangelienharmonien

Auch in der Zeit der Reformation waren Zusammenstellungen der Lebens- und Leidensgeschichte Jesu aus den vier Evangelien weiterhin als Genre existent, wenn sie auch im reformatorischen Sinne von aprokryphen und nicht-biblischen legendarischen Elementen bereinigt wurden. 1538 erschien zu Wittenberg „Das Leiden vnd Aufferstehung unsers Herrn Jhesu Christi aus den vier Evangelisten durch D. Johan Bugenhagen Pomern vleissig zusamen gebracht vnd nachmals durch Joachimum Greff von Zwickau jnn Deudsch Reim verfasset“ - eine erbauliche Evangelienharmonie.

Christoph Corners (1518-1594) „Biblia für den gemeinen Man“ (gedruckt zu Dresden 1568)[22] ist eine gereimte summarische Nacherzählung der Bibel, wobei er sich auf die "Historia" beschränkt (unter Auslassung der Weisheitsliteratur (Psalter, Sprüche, Prediger etc.)). Im Falle des Neuen Testaments bietet es eine (Kurz)Biographie Jesu aus allen vier Evangelien, die in drei Teile gefasst ist:

1. Historia aus dem Nawen Testament/ nach den vier Evangelisten.
2. Historia des Leidens Jhesu Christi/ nach den vier Evangelisten.
3. Historia vom Sterben und Aufferstehung Jhesu Christi.

‚Figurenbände‘ / Holzschnittbände mit gereimten Texten

Gewissermaßen im Gefolge der mittelalterlichen Armenbibeln steht der Figurenband von Jost Amman (1539-1591) mit Text von Heinrich Peter Rebenstock (1541-1595): „Neuwe Biblische Figuren: Künstlich vnd artig gerissen, durch den sinn vnd kunstreichen auch weitberühmte[n] Jost Amman, von Zürych, mit schönen Teutschen Reimen, welche den gantzen in[n]halt einer jeden Figur vnd Capitel kurtz begreiffen, zuvor dergleichen nie im Druck außgangen — Frankfurt a.M., 1571“ https://digi.ub.uni-heidelberg.de/diglit/rebenstock1571/0024/image,info

Gereimte Summarien und Perikopenepigramme

Eine andere Form der Bearbeitung des Bibeltextes, um dessen Vermittlung zu erleichtern, stellen epigrammatische Summarien (‚knapp, treffende Zusammenfassungen‘) dar, die den Inhalt einzelner Geschichten, Kapitel, Perikopen, Bücher und der ganzen Bibel in mehr oder weniger eingängigen Reimen wiedergeben. Diese Literaturgattung hatte im 16. und 17. Jahrhundert ihren Höhepunkt und bietet zahlreiche ganz unterschiedliche Beispiele:

Burchard Waldis (ca. 1490-1556)

Der ehemaliger Franziskanermönch Burchard Waldis übersetzt und reimte nicht nur ein eigenes Psalmliederbuch (1553: https://sammlungen.ub.uni-frankfurt.de/inc/content/pageview/8833957 ), das sich gegenüber dem Werk von Ambrosius Lobwasser durch größere lyrischere Freiheit auszeichnet, sondern übersetzte auch die (lateinischen) Summarien des reformierten Theologen Rudolf Gewalther (1519-1586). „Argumentorum in sacra Biblia“ (Frankfurt, 1556). Bd. 1 (Altes Testament) https://www.digitale-sammlungen.de/de/view/bsb10999356?page=,1 Bd. 2 (Neues Testament) https://opendata2.uni-halle.de/handle/1516514412012/4550

Ludwig Helmbold (1532-1598)

Ludwig Helmbold, Pfarrer zu Mühlhausen, veröffentlichte zunächst auf Latein einversige Summarien jedes Kapitels der Bibel. Diese „Monosticha“ wurde 1577 zu Mühlhausen gedruckt. Ambrosius Sidelius (1534-1613) verdeutschte diese Verse und machte aus ihnen zweizeiler („Disticha“), die 1587 zu Erfurt gedruckt wurden.

Johannes Paludanus (1565-1630)

Johannes Paludanus: "Die klein Bibel, Darinnen alle Capitel, Alts vnd Newes Testaments, also eingezogen, vnd in Reimen verfaßt, das jeder Reim, Ein, zwen, oder drey Hauptpuncten seines Capitels in sich begreiffet, [et]c. : Der lieben Christlichen Jugendt, vn[d] mänigklichen, so ein lußt vnnd liebe zur Bibel tragen, zu nutz vnd ehren gestelt / Durch Johannem Paludanum Pfarher zu Neckergarieningen, Waiblinger Vogthex, [et]c." (Tübingen: Hock, 1589).

Digitalisat

Paludanus entspricht dem Stil von Ludwig Helmbolds "Monosticha", insofern er für jedes Kapitel genau einen Vers dichtet. Als Beispiel die Kapitel 7 bis 10 des Lukasevangeliums:

7 Der Hauptmann glaubt / der Todt auffsteht.
8 Der Seemann /d Brüder: S Wätter zghet.
9 D Jüngern außschickt / sein Armut klagt.
10 Wer ist mein Nechster ihn Pfaff fragt.

Andreas Mergilet (1539-1606)

"TETRASTICHA LATINOGERMANICA. [...] Kurtzer Innhalt der Sontag vnd Fest durchs Jhar Epistel vnd Euangelien : in Sententz und Gebetleins weise je mit vier Verßlein, Lateinisch und deutsch, fur Einfeltige, Christlicher meinung gebracht." (Schmalkalden: Schmuck, 1593).
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Mergilet verfasste vierversige Perikopenepigramme auf Latein und Deutsch. Beispiel: Der 13. Sonntag nach Trinitatis.

Sathan all Menschen hat verwundt /
Wedr Gsetz noch Opffr hie helffen kundt.
Des einign Samariters gunst
Tregt / hilfft / herrbergt / pflegt / heilt umb sunst.[23]

Johann Steuerlein und Ambrosius Lobwasser als Verfasser von Reimbibelwerken

Wenn wir uns die verschiedenen Werke ansehen, so sind sie fast ausnahmslose summarische Bearbeitungen des Bibeltextes, der in mehr oder minder großem Umfang je nach Zweck, etwa nur als Begleittext zu Holzschnitten, benutzt wird. Es fehlt also die ‚interlineare‘ Beziehung zwischen Ausgangs- und Zieltext, wie er im Falle einer Übersetzung vorliegt. Die Psalterverreimungen von Lobwasser und Waldis, die tatsächlich den ganzen Text eine biblischen Buches mittelbar aus der biblischen Vorlage (bei Lobwasser aus einer französichen lyrischen Übersetzung, bei Waldis vermutlich aus der Luthertext) übertragen, sind einerseits Übersetzung, andererseits auch Gesangbuch.

Lobwassers "Biblia" (1584)

Ambrosius Lobwasser hat allerdings noch ein anderes Werk hinterlassen:

"Biblia/|| DArinnen die Sum=||marien aller Capittel der gantzen || heiligen Schrifft mit sonderlichem || fleis in deutsche Reim verfasset [...]" (Leipzig : Grosse, Henning ; Steinmann, Hans, 1584).
Digitalisat

Die Summarien seiner "Biblia" bieten, geordnet nach Büchern und Kapitel, gereimte Bearbeitungen des biblischen Textes, wobei sich der Umfang der Bearbeitung, bzw. die Nähe zum Textbestand des Original unterscheiden können: Im ersten Teilband sind der Pentateuch (= 5 Bücher Mose), die Geschichtsbücher, die Propheten, und Teile der Weisheitsschriften und Apokryphen kapitelweise zusammengefasst. In einem zweiten Teilband sind dagegen die Bücher Jesus Sirach, die Sprüche Salomo und Prediger Salomo (Kohelet) "vollkömlich in deutsche Reim verfasset". Das im dritten Teilband enthaltene Neue Testament ist wiederum ebenfalls nur "summarischer weise verfasset". Wie dies aussieht sei anhand des 10. Kapitel des Lukasevangeliums gezeigt, das im Kreuzreim verfasst ist (Die Zahlen geben den jeweiligen Vers des Kapitels an):

Cap. X
1 Jesus jhr siebentzig schickt aus /
Gibt jhn(n) befehl / vnd thut sie lehrn
Wenn sie wandern / vnd in ein haus
8 Oder in eine Stadt einkehrn /
Weß sie sich denn verhalten sollen /
Die da verstockt sein / er wehklagt /
Vnd die sich nicht bekehren wollen /
20 Selig er seine Jünger sagt /
Vnd giebt ihn(n) macht vber die Schlangen.
25 Wer vnser nechster sey / er lehrt /
Vnd wie die seligkeit zurlangen /
38 Zu Martha endlich er einkehrt."[24]

Für die Bücher Jesus Sirach, Sprüche und Prediger ist man geneigt von einem frühmodernen Reimbibelwerk zu sprechen. Auf die übrigen Bücher, deren Reime sich in der Form nicht von knapp gereimten Epigrammen, allerdings mit einer Tendenz zum Register, unterscheiden, gilt dies nicht.

Johann Steuerleins "Biblia" (1611)

Ein anderer Kandidate ist die "Biblia" von Johann Steuerlein. In seinem Vorwort nennt er namentlich die Werke Helmbolds und Mergilets als Ausgangspunkte. Insbesondere Mergilets Vierzeiler, die in der Regel einen einzigen inhaltlich Schwerpunkt setzen und damit ein kohärenteres Bild abgeben, entsprechen Steuerleins eigenem Anspruch – im Gegensatz zu den eher unattraktiven, enigmatisch zusammengekürzten Zeilen von Waldis, Helmbold, Paludanus und Lobwasser. Steuerlein ist, neben mehreren vollständig gereimten Büchern (Psalter, Sprüche, Jesus Syrach, Tobit, u.a.), auch in vielen anderen Büchern gerade mit erzählerischem Inhalt jedoch weit über Mergilets summarische Vierzeiler hinausgegangen. Durch die explizite Nähe zur Lutherübersetzung, der sein Text an vielen Stellen folgt, ähnelt das Werk inhaltlich und formal mehr dem St. Pauler Reimwerk. Falls also jemand so etwas wie eine ‚frühmoderne Reimbibel‘ verfasst haben sollte, dann scheint Johann Steuerleins "Biblia" am nächsten an dem, was man sich darunter vorzustellen hatte, dran zu sein.

‚Reimbibeln‘ im 21. Jahrhundert

Zum Abschluss seien – unter Übergehung mehrere Jahrhunderte - hier noch ein paar Werke aus der jüngeren Zeit vorgestellt, die zum Teil selbst die Bezeichnung „Reim(e)bibel“ führen, auch wenn sie formell alle eigentlich im weitesten Sinne als ‚Erbauungsliteratur‘ einzuschätzen sind. Fünf Jahrhunderte nach der Refomation, während der Bibeltext inzwischen etliche Male ins Deutsche übersetzt wurde, hat sich in Zeiten von Kirchen- und Christentumskritik, Kirchenferne und Traditionsabbruch die Zielsetzung gewandelt. Die lyrische Form ist ein Experimentierfeld um das wesentliche der Texte herauszukitzeln gegenüber einer Leserschaft, für die die traditionellen Sprache nicht mehr verständlich ist, bzw die ihrer überdrüßig geworden ist. Sie dient aber auch der Aktualisierung und der Textauslegung, wozu der Einsatz von Verfremdungstechniken (Anachronismen) dabei gelegentlich nicht gescheut wird.

Lothar Steiger: „Himmelpforten - Reimpostille auf alle Sonn- und Feiertage“ (2003)

Das Werk des emeritierten Theologieprofessors und Heidelberger Universitätspredigers steht am ehesten formal noch in der Tradition der Perikopenepigramme. Die Reimformen sind vielfältig. Langeweile oder Gewöhnung an ein Schema F soll sich nicht einstellen. Manche Texte bleiben nah am Evangeliumstext und sind in klar erkennbarem und gefälligem Paarreim, Kreuzreim, umarmendem Reim verfasst. Andere aber sollen es dagegen – so wie die Perikope manchmal selbst – es dem Leser nicht zu einfach machen. Nur selten erlaubt sich Steiger einige explizite „Ausbrüche“ oder besser „Einbrüche“ unserer Zeit in den Text, so wie zum 10. Sonntag nach Trinitatis (Lukas 19,41-44): „Ihr Christenmenschen, weint an Jesu Statt! Doch über euch und was der Christus meinte: Worüber Er auch neulich wieder weinte Vor Auschwitz, Dresden und vor Stalingrad.“

Dirk Klute: „Die Reime-Bibel I“ (2019), „Die Reime-Bibel II“ (2020)

Dirk Klute hat ähnlich wie Lothar Steiger den Versuch unternommen, biblische Texte explizit für Andachten, Predigten und Gottesdienst in lyrischer Form neu zugänglich zu machen. „Die Reime-Bibel“ (inzwischen 2 Bände erschienen 2019 und 2020), bietet ebenfalls eine Auswahl zentraler biblischer Geschichten. Der Autor erzählt diese nach und erlaubt sich auch Freiheiten bei Übertragung in die Moderne.

Thomas Brezina: „Die Bibel in Reimen“ (2021)

Der österreichische Kinder- und Jugendbuchautor hat mit seiner „Die Bibel in Reimen“ ein Werk vorgelegt, dass sehr frei, aber respektvoll und v.a. mit pädagogischen Interesse („Für Erwachsene und Kinder“) an die biblischen Geschichten herangeht.

Ein Sonderfall - Wolfgang Klosterhalfen: „Die Reimbibel: heitere Aufklärung über den christlichen Aberglauben“ (2009)

Wolfgang Klosterhalfen’s „Kleine Reimbibel“ die als „poetische Darstellung und Kritik“ verkauft wird, ist eigentlich das Ergebnis des atheistischen Aktivismus des Autors, das er auf seiner Website (reimbibel.de) auch breit vorstellt. Eigentlich gehört sie formal auch nicht in diese Auflistung, da das Werk eigentlich eine lyrische Bibel- und Christentumskritik ist. Sie sei hier dennoch aufgezählt, weil sie das Etikett ‚Reimbibel‘ für sich beansprucht und gewissermaßen ‚besetzt‘ hält.

Anmerkungen und Belege

  1. Zweite Auflage, Hrsg. von Franz Kaulen, Bd. 10 (Freiburg: Herder, 1897), Sp. 963-967. Digitalisat
  2. Zweite Auflage, Hrsg. von Franz Kaulen, Bd. 10 (Freiburg: Herder, 1897), Sp. 963-967. Digitalisat
  3. Zweite Auflage, Hrsg. von Franz Kaulen, Bd. 10 (Freiburg: Herder, 1897), Sp. 963-967.
  4. Zweite Auflage, Hrsg. von Franz Kaulen, Bd. 10 (Freiburg: Herder, 1897), Sp. 963-967. Digitalisat
  5. Susanne Spreckelmeier: Bibelepisches Erzählen vom Transitus Mariae im Mittelalter. (Berlin: De Gruyter, 2019), Einleitung, S. 12
  6. Zitiert aus: Karl Hessel: Altdeutsch. Von Ulfila bis Leibnitz. Zum Gebrauch für höhere Schulen. Bonn: A.Marcus & E. Weber, 1910, S. 13. Digitalisat
  7. https://books.google.de/books?id=gTwyAQAAMAAJ&printsec=frontcover&hl=de&source=gbs_ge_summary_r&cad=0#v=onepage&q&f=false
  8. Zweite Auflage, Hrsg. von Franz Kaulen, Bd. 10 (Freiburg: Herder, 1897), Sp. 963-967.
  9. Zweite Auflage, Hrsg. von Franz Kaulen, Bd. 10 (Freiburg: Herder, 1897), Sp. 963-967.
  10. https://nl.wikipedia.org/wiki/Rijmbijbel
  11. https://handschriftencensus.de/werke/608
  12. Vgl. Hans Vollmer, Niederdeutsche Historienbibeln und andere Bibelbearbeitungen (Materialien zur Bibelgeschichte und religiösen Volkskunde des Mittelalters I,2), Berlin 1916, S. 27-29, 107-119: https://doi.org/10.11588/diglit.2077#0123.
  13. https://www.google.de/books/edition/Bibelepisches_Erz%C3%A4hlen_vom_Transitus_Ma/pT3EDwAAQBAJ?hl=de&gbpv=1&dq=Mittelfr%C3%A4nkische+Reimbibel&pg=PA298&printsec=frontcover, S. 299. Siehe: https://handschriftencensus.de/4846
  14. Ernst Hellgardt: "Fast ein Handbuch zur frühmittelhochdeutschen Literatur" (siehe hier: https://www.iaslonline.lmu.de/index.php?vorgang_id=2992)
  15. Wilhelm Gemoll: "Bruchstücke einer Gereimten Bibelübersetzung", in: Germania: Vierteljahrsschrift für deutsche Altertumskunde 19 (1874), S. 339-343) Digitalisat
  16. https://handschriftencensus.de/17029
  17. „Mittheilungen aus altdeutschen Handschriften VI: Ueber ein mitteldeutsches Evangelienwerk aus St. Paul“, in: Sitzungsberichte der phil.-hist. Classe der kaiserl. Akademie der Wissenschaften 137 (Wien: 1898), hier: https://archive.org/details/sitzungsbericht244klasgoog/page/n240/mode/2up?view=theater
  18. "Das St. Pauler Evangelienreimwerk." Bd. 1: Text, Bd. 2: Untersuchungen (Vestigia Bibliae 19/20), Bern u.a. 1998.
  19. Digitalisat auf archive.org
  20. Inka Bach und Helmut Galle: "Deutsche Psalmendichtung vom 16. bis zum 20. Jahrhundert." (Berlin/New York: De Gruyter, 1989), S. 89.
  21. https://www.digitale-sammlungen.de/de/view/bsb10205811?page=949
  22. Christoph Corner: "Biblia für den gemeinen || Man/ Jnn welcher die fürnembsten Ge=||schicht des Alten vnnd Nawen Testaments begriffen/|| aus der Biblia ... zusamen gezogen/ vnd in || kurtze Reime verfasset ... || Mit vorzeich=||nüs wo eine jedere Historia weit=||leufftiger beschrieben vnd || zufinden sey.|| Durch || CHRISTOPHORVM CORNERVM || FRIBERGENSEM.|| ... ||." (Dresden: Stöckel, Matthes d.Ä, 1568). Digitalisat.
  23. https://books.google.de/books/content?id=ZYY89YvTafgC&hl=de&pg=PP79&img=1&zoom=3&sig=ACfU3U3yz2b_72g7bOHEPMD_o9kKcCGwoQ&ci=216%2C783%2C657%2C369&edge=0
  24. https://digital.staatsbibliothek-berlin.de/werkansicht?PPN=PPN895238608&PHYSID=PHYS_1086&DMDID=DMDLOG_0013