Geschichte der Reimbibeln

Aus Johann Steuerleins Reimbibel
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Kurze und unvollständige Bemerkungen zur Geschichte der Reimbibeln

Lyrik in der Bibel - der Psalter

Das Hebräisch der Bibel kennt (fast) keinen Endreim. Dennoch gehören insbesondere die Psalmen zur biblischen Lyrik (wie auch das Hohelied). Weil sie ursprünglich Lieder sind, die im Tempelgottesdienst in Jerusalem gesungen wurden, finden sich am Anfang vieler Psalmen Hinweise auf den "Gesangmeister" und die Sangesweise, wie etwa „Ein Zeugnis und Psalm Asafs, vorzusingen, nach der Weise »Lilien«“ (Ps. 80). Die Reimweise der Psalmen ist in der Regel der Parallelismus membrorum ein „inhaltlicher“ Reim, bei dem in zwei aufeinanderfolgenden Versen aufeinander bezogene Aussagen getroffen werden (synonymer Paralellismus bspw. „(a) Das Gesetz JHWHs ist vollkommen, erquickt die Seele; (b) das Zeugnis JHWHs ist zuverlässig, macht weise den Einfältigen.“ (Ps. 19:8)).

Der Psalter wurde noch in vorchristlicher Zeit ins Aramäische (Targum) und Griechische (Septuaginta), und später ins Lateinische (Vulgata, 4. Jhd. n. Chr.) übersetzt. Lautgleichheit galt in diesen Sprachen aber gleichermaßen als unschön[1] (im Gegensatz zur arabischen Reimprosa des Koran)). Im Zuge der Übersetzung des Alten Testaments in die Volksprachen sind ab dem Hochmittelalter auch gereimte Psalter in den uns bekannten Endreimen belegt, der ab dieser Zeit auch in der nicht-religiösen Literatur Einzug hält. Aus der zweiten Hälfte des 13. Jahrhunderts ist der Surtees Psalter auf Mittelenglisch überliefert.[2]

Als Beispiel daraus Psalm 1:1-2 mit Vergleich der Prosa-Übersetzung durch John Wycliff (1395):

Surtees Psalter (ca. 1275)

Seli biern þat noghte is gan

In þe rede ofe wicked man,

And in strete of sinfulle noght he stode,

Ne sat in setel ofe storme vngode;

Bot in lagh ofe lauerd his wille be ai, And his lagh thinke he night and dai.

Wycliff Bible (ed. 1395)

1Blessid is the man, that yede not
in the councel of wickid men;
and stood not in the weie of synneris,
and sat not in the chaier of pestilence
2But his wille is in the lawe of the Lord;
and he schal bithenke in the lawe of hym dai and nyyt.


Populär wurden Verreimungen der Psalmen in der Volkssprache vor allem ab der Reformation. Der Genfer Psalter (franz. Psautier de Genève) mit seiner lyrischen Übersetzung der Psalmen durch Clément Marot (1496–1544) wurde als gottesdienstliches Gesangbuch der reformierten Tradition durch Johannes Calvin eingeführt. Der biblische Text durfte dabei weder verkürzt noch erweitert werden. In einer Übersetzung durch Ambrosius Lobwasser (erschienen 1573 als Der Psalter des königlichen Propheten David) kam er auch im Deutschen Sprachraum in Gebrauch. Zum

Ambrosius Lobwasser (1573)

Wer nicht mit den Gottlosen geht zu rath /

Vnd nicht tritt in sündlicher leut fußpfat /

Der auch nicht mit sitzt auff der spötter bencken /

Sonder auff Gottes gesetz mit fleis thut dencken /

Vnd sich deß tag vnd nacht nimpt hertzlich an /

Fürwar das ist für Gott ein selig man.[3]

Burchard Waldis (1553)

Wol dem der nit / vom Weg abtrit / zu den Gotlosen rotten /

Auch nit gern sitzt / da mann sich spitzt / Gots werck und wort zuspotten.

Sondern hat acht / und darnach tracht / Wie er Gots wort mög lieben /

vnd sein Gesetz / in stets ergetz / tag nacht sich drinn zu leben.[4]

Martin Luther (1545)

1WOl dem der nicht wan­delt im Rat der Gotlosen /

Noch tritt auff den Weg der Sün­der /

Noch sitzt da die Spötter sitzen.

2Sondern hat lust zum Ge­setz des HER­RN /

Vnd redet von seinem Ge­setz tag vnd nacht.

Als Übersetzer war Ambrosius Lobwasser seiner französischen Vorlage verpflichtet und hat sich vom Prinzip der biblischen Texttreue auch keine Abweichung erlaubt. Wie unschwer zu erkennen ist wählte Burchard Waldis dagegen ein komplexeres Reimschema und hat den auch freier ausgelegt, was dem lyrischen Anspruch entgegenkommt.

Reimbibeln als Gattung

Auch andere Bücher der Bibel wuden zuerst in den Volkssprachen gereimt. Dabei sind verschiedenen Gattungen von Bearbeitungen von den eigentlichen Reimbibeln zu unterscheiden: Die Weltchroniken enthalten bes

Belege und Anmerkungen

<references>