Widmungsgedicht 6

Aus Johann Steuerleins Reimbibel
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⇦ Widmungsgedicht von Caspar Halbich

[10r]


_
lN RHYTHMICAM SACRORVM BIBLIO-
RVM VERSIONEM, PIE caeptam, labo-
riose continuatam, feliciter per-
textam, a lohanne Steurlino,
Poeta Laureatus Caesaris


Nonne Tridentinae metuis, STEVRLINE, cathedrae

Fulmina, cristati dirum anathema Papae?

Nonne supercilium ad Galiae Bella arma minantis,

Grunnitus trepidas setigeriue gregis?

Biblica plebeia versans mysteria dextra,

Inque pedes glomerans verba tremenda DEI.

Et veterum celanda rudi tot sphalmata vulgo

Prostituens, monachis saltem imitanda sacris:


[10v]


Incestum Lothi, Thamarae veneremque cruentam

Isaidae, pactum cumque Rahele Liæ

Qualia dum saliente metro noscenda iuuentae

Obycis, hem turbas Hæresiarcha dabis.

Ecce trophaea tibi: sed ab hostibus atque Suitis,

Spiritui sancto quos iuuat.

Quin BONE CHRISTE bono, sanctaque pioque labori

Annue: sunt laudi cuncta dicata tuæ.

Auspice te purum Germania nostra salutis

Obtinuit fontem caelica scripta legens.

Auspice te manat nouus hic de fonte vetus to

Rinulus, et strepitu dulcisonante cadit.

Fac modo nunc ceruis[1] sitientibus ille patescat,

Neu turbant, saturas ad styga pelle Sues.

Quique bonis vallem lacrymarum fontibus ornat,

STEVRLINVM lauro perpete, CHRISTE, bea.



Johannes Ebertus.

Ecclesiae Cundorffensis P.


  1. Vgl. Psalm 42:2: "Quemadmodum desiderat cervus ad fontes aquarum:
    ita desiderat anima mea ad te Deus."
Deutsche Übersetzung (ohne Gewähr)
ZUR RHYTHMISCHEN ÜBERSETZUNG DER HEILIGEN
BIBEL, FROMM begonnen, arbeits-
reich fortgesetzt, glücklich abge-
schlossen, durch Johannes Steuerlein,
kaiserlich lorbeergekrönter Dichter.


Fürchtest du nicht, STEUERLEIN, des Tridentinischen Stuhls[1]

Blitze, den schrecklichen Bann des gekrönten Papstes?

[Hebst] nicht die Augenbraue angesichts der drohenden Kriegsstreitmacht Frankreichs,[2]

des Grollens der rastlosen stachelbewehrten Schar?

[Wenn du] die biblischen Geheimnisse dem einfachen Volk mit geschickter Hand auslegst,

und die ehrfurchtgebietenden Worte GOTTes zu Füßen sammelst.

Und so viele von den Alten verborgene Verfehlungen gibst [du] dem Ungeschulten öffentlich

preis; zumindest ahmst [du] die Mönche in den Heiligen Dingen nach.


[10v]


Lots Inzest,[3] den Geschlechtsakt der Tamar[4] und die Bluttat

Davids,[5] der gleichzeitige Bund mit Rahel und Lea.[6]

Während das Versmaß springt, bietest du solche Dinge der Jugend kennenzulernen

dar. Siehe, du wirst als Ketzerführer Unruhen hervorrufen.

Siehe, es sind Trophäen für dich, aber von Feinden und so fügst du zusammen,

dem Heiligen Geist, denen er hilft.

Ja, Guter Christus, der du dem Guten, Heiligen und frommen Werk wohlgesonnen bist,

erlaube es: Alles ist deiner Lobpreisung gewidmet.

Durch dich als Beschützer des Heils hat unser Deutschland

erlangt den reinen Quell, indem es die himmlischen Schriften liest.

Unter deinem Schirm fließt hier nun aus der alten Quelle ein neues

Rinnsal, und es ergießt sich mit süß klingendem Rauschen.

Mach, dass jetzt auf diese Weise jener sich den durstigen Hirschen[7] offenbare,

Und sie stört nicht, dass du die Schweine sättigst, die man an den Styx[8] treibe.

Derjenige, der das Tal der Tränen[9] mit den guten Quellen schmückt,

möge STEUERLEIN ewig, O CHRISTUS, mit Lorbeer segnen.


Johann Ebert

Pastor der Kirche von Kühndorf



  1. Das Konzil von Trient (1545-1563), legte die lateinische Vulgata als maßgebliche Bibelübersetzung fest und beschränkte den Druck und Zugang zu volksprachlichen Übersetzungen.
  2. Bezieht sich auf den Jülich-Klevischen Erbfolgestreit (1609-1610, 1614)
    und ein erwartetes Eingreifen König Heinrich IV.
    in den konfessionell aufgeladenen Konflikt,
    das durch die Ermordung des Königs
    in Paris (14. Mai 1610) nicht zustande kam.
  3. Vgl. 1. Mose 19,30-38.
  4. Vgl. 1. Mose 38.
  5. Vgl. womöglich 2. Samuel 11. | "David", wörtlich: "der Isaide" (Isai war der Vater Davids (1. Samuel 16))
  6. Vgl. 1. Mose 29.
  7. Vgl. Psalm 42:2.
  8. In der griechischen Mythologie Fluss der Unterwelt.
  9. Vgl. Psalm 84:7.