Vorrede Polycarp Leyser d.Ä.

Aus Johann Steuerleins Reimbibel
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Vorrede.
Dem Christlichen, vnd gegen der heyligen Biblien, eyferig affectionirten Leser, wundschet
Der Churfurstliche Sachsische Hofprediger, D: Polycarpvs Leiser, Gottes Gnade, Heyl und Segen, Durch Jesum Christum, Jm Heiligen Geist, zuuor.

Christlicher, Gunstiger Lieber Leser, Wenn der heilige vnd hocherleuchte Apostel Paulus, an seine Colosser, vnd durch Sie an alle Christen schreibet: Lasset das Wort Christi vnter Euch reichlich wohnen, Jn aller Weißheit: Lehret vnd vermahnet Euch selbst, mit Psalmen vnd Lobgesengen, vnd Geistlichen lieblichen Liedern, vnd singet dem Herrn Jn Ewrem Hertzen: So will Er dardurch commendirt vnd vnß befohlen haben, nicht allein allerley Erclärungen, vnd Außlegungen der Heiligen Göttlichen Schrifft, welche etwa durch Predigten oder Commentarien, vnd weitleuffige Schrifften geschehen, vnd neben richttiger Außlegung des Texts, die furnembte Lehren, Trost, Vermhanungen, vnd Warnungen, vnß furhalten, Sondern auch allerley Vertalmetschung derselben, Jn mancherley Sprachen, deßgleichen die Metaphrases vnd paraphrases, dardurch man zwar dem Text schlicht nachgehet, aber denselben etwas mit andern wortten vmbredet, darmit Er dem einfeltigen Leser desto verstendlicher gemacht werde. Ja, wenn auch der gantze Biblische Text, Jn feine, liebliche, vngezwungene, fur sich selbst fließende Rheymen, vbergesezt werdten, so ist solches dem Heyligen Apostel nicht entgegen, noch zuwider, Sondern Er

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bestettiget solches gleichsam, mit diesen Wortten, Jn deme Er schreibet, Von den Psalmen, Lobgesengen, vnd Geistlichen lieblichen Liedern, welche (wie mennigklichen bewust ist) Jn vnserer Teutschen Muttersprach, weder ahnmütig componirt, noch rechtmeßig gesungen können werdten, wo nicht die wortt vnd Syllaben Jn Rheymen gleichsam gezwungen werdten. So findet man auch viel leute, welche von Natur (Vnd sonderlich ist die liebe Jugent hiezu vnd also affectionirt) eine solche Zuneigung, zu den Teutschen Rheymen tragen, das[s] alleß, was Jn denselben begrieffen ist, Sie nicht allein lieber, vnd mit grösserer begierd hören, lesen, vnd vhester Jn das Gedechtnis faßen, weder was Jhnen nhur sonsten, vnd außer den Rheymen, schlecht furgelegt vnd furgesaget wirdt.

Wenn denn nhu Jemanden, Er seye Jung oder alt der da beliebung hirzu tregt, durch mittel der Rheymen, die Biblische Historien vnd Lehren, besser Jns Gedechtiß gebracht, oder Sie sonsten, die Biblien fleissiger zulesen vnd zubetrachten, angeführet werdten, Wer wil anderß sprechen, oder sagen können, denn das[s] solcher, ein Christliches, gutes, vnd Gott wohlgefelliges Wercke begangen habe?

Die Gelarten wießen, Das[s] Jn Heiliger Göttlicher Schrifft, ettliche Bücher, gantz von Carminibus geschrieben sindt: Als der Iob, der Psalter, fast die gantze Sprichtwörtter Salomonis, die Klaglieder Jeremiae: So findet man auch Jm Mose, Jn seinem andern vnd funfften Buche Jm Buch der Richter, Jm Propheten Jesaia, Jona vnd Habacuc, viel stücke, welche mit Hebreischen Versen componirt vnd gemacht seindt.

Solcher Art zuschreiben haben hernach ettliche Gotsgelerte Leut, auch Jn andern Sprachen gefolget, welche eins Theilß gantze Bucher der Heiligen Schrifft, einßtheils

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