Vorrede Polycarp Leyser d.Ä.

Aus Johann Steuerleins Reimbibel
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⇦ Vorwort von Johann Steuerlein

Polycarp Leyser der Ältere (1552-1609)

[VIIr]

Vorrede.
Dem Christlichen, vnd gegen der heyligen
Biblien, eyferig affectionirten Leser,
wundschet
Der Churfurstliche Sachsische Hofprediger,
Doktor Polycarpvs Leiser, Gottes
Gnade, Heyl und Segen, Durch
Jesum Christum, Jm Heiligen
Geist, zuuor.


Christlicher, Gunstiger Lieber Leser, Wenn der heilige vnd hocherleuchte Apostel Paulus, an seine Colosser, vnd durch Sie an alle Christen schreibet: Lasset das Wort Christi vnter Euch reichlich wohnen, Jn aller Weißheit: Lehret vnd vermahnet Euch selbst, mit Psalmen vnd Lobgesengen, vnd Geistlichen lieblichen Liedern, vnd singet dem Herrn Jn Ewrem Hertzen: So will Er dardurch commendirt vnd vnß befohlen haben, nicht allein allerley Erclärungen, vnd Außlegungen der Heiligen Göttlichen Schrifft, welche etwa durch Predigten oder Commentarien, vnd weitleuffige Schrifften geschehen, vnd neben richttiger Außlegung des Texts, die furnembte Lehren, Trost, Vermhanungen, vnd Warnungen, vnß furhalten, Sondern auch allerley Vertalmetschung derselben, Jn mancherley Sprachen, deßgleichen die Metaphrases vnd paraphrases, dardurch man zwar dem Text schlecht nachgehet, aber denselben etwas mit andern wortten vmbredet, darmit Er dem einfeltigen Leser desto verstendlicher gemacht werde. Ja, wenn auch der gantze Biblische Text, Jn feine, liebliche, vngezwungene, fur sich selbst fließende Rheymen, vbergesezt werdten, so ist solches dem Heyligen Apostel nicht entgegen, noch zuwider, Sondern Er

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bestettiget solches gleichsam, mit diesen Wortten, Jn deme Er schreibet, Von den Psalmen, Lobgesengen, vnd Geistlichen lieblichen Liedern, welche (wie mennigklichen bewust ist) Jn vnserer Teutschen Muttersprach, weder ahnmütig componirt, noch rechtmeßig gesungen können werdten, wo nicht die wortt vnd Syllaben Jn Rheymen gleichsam gezwungen werdten. So findet man auch viel leute, welche von Natur (Vnd sonderlich ist die liebe Jugent hiezu vnd also affectionirt) eine solche Zuneigung, zu den Teutschen Rheymen tragen, das alleß, was Jn denselben begrieffen ist, Sie nicht allein lieber, vnd mit grösserer begierd hören, lesen, vnd vhester Jn das Gedechtnis faßen, weder was Jhnen nhur sonsten, vnd außer den Rheymen, schlecht furgelegt vnd furgesaget wirdt.

Wenn denn nhu Jemanden, Er seye Jung oder alt der da beliebung hirzu tregt, durch mittel der Rheymen, die Biblische Historien vnd Lehren, besser Jns Gedechtiß gebracht, oder Sie sonsten, die Biblien fleissiger zulesen vnd zubetrachten, angeführet werdten, Wer wil anderß sprechen, oder sagen können, denn das solcher, ein Christliches, gutes, vnd Gott wohlgefelliges Wercke begangen habe?

Die Gelarten wießen, Das Jn Heiliger Göttlicher Schrifft, ettliche Bücher, gantz von Carminibus geschrieben sindt: Als der Iob, der Psalter, fast die gantze Sprichtwörtter Salomonis, die Klaglieder Jeremiæ: So findet man auch Jm Mose, Jn seinem andern vnd funfften Buche Jm Buch der Richter, Jm Propheten Jesaia, Jona vnd Habacuc, viel stücke, welche mit Hebreischen Versen componirt vnd gemacht seindt.

Solcher Art zuschreiben haben hernach ettliche Gotsgelerte Leut, auch Jn andern Sprachen gefolget, welche eins Theilß gantze Bucher der Heiligen Schrifft,

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[einß]theilß gewieße Historien vnd Puncten, aus der Bibel, fur sich genhommen, vnd Jn Jhrer Muttersprach, auff eine gewiese Art Carminis gerichttet haben, Wie dann Jn der Griegischen Sprach fur andern gethan, Gregorius Nazianzenus, vnd Nonnus Panapolitanus, Jn der Lateinischen Sprach Lactantius Firmianus, Alexander Villadeus Franciscanus: Cornelius Magnanus:[1] Franciscus Bonadus:[2] Hieronymus Vida, Bischoff zu Alba: Eobanus Hessus, Georgius Buchananus Scotus, Actius Syncerus Sanazarius, vnd andere dergleichen mher, Welche alle bey den Gelarten, großes Lob, Rhum vnd Ehre erlangt haben, das Sie zum theil gantze Bücher der Heiligen Schrifft, zum theyl gewiese Stück derselben, Jn gute Verß gebracht, vnd damit der Studirendten Jugent, nicht allein die Sprachen, sondern auch Jn demselben, die Gottseligkeit desto besser zubegreiffen, Vrsach vnd Anlaß gegeben haben.

Wann dann solches Andern, Jn frembden Sprachen, zum Lob vnd Rhum gediegen hat, Warumb solte der Jenige seines gebuerendten Lobs beraubet werdten, welcher Jn Vnserer Teutschen Muttersprach, gleiches zuuerrichtten, sich vnterwindt? Sinthemal das Naturlich, vnd allen Nationibus angeboren ist, das ein Jeder Ihre Sprach zuerheben, vnd hoch zubringen sich befleisset.

Nhun ist Jedermennigklichen bewusst, das vnserr Teutsche Sprach, kein ander genus Carminis metrorum oder Versuum hat, denn allein Rheymen, die Jm Final vnd Schluß fein gleich fallen. Wenn nhu Jemands, ein oder mher Bucher der Biblischen Historien fur sich nimpt, vnd dieselbe Jn artige gute Rheymen versetzet, So kan Jch nicht anderst darvon iudiciren noch vrtheylen, denn das Er Jn seiner Muttersprach, Jn den Jhenigen Fuesstapffen wandele, Jn welchen die vor erzhelete Vornheme Männer auch gegangen sindt, Vnd seyn dem- nach wirdig, das Ihme gleichsfalß sein gebuerendt Lob widerfahre. Denn die Rheymen sindt bey vnß Teutschen eingefüert, vnd auffgebracht wordten, nicht

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allein zu dem Ende, das man Sie (wie ettliche vermeinen) nhur Jn Schertz vnd Kurtzweyl, zur Prietzschenmeisterey gebrauche, sondern viel mher, das man wichttige, gedenckwirdige, vnd auch Geistliche, Heilige Sachen darein faße, vnd den Menschen ad perpetuam rei memoriam, vnd zum ewigen Gedechtniß beybringe.

Wann dann der Ehrnvheste vnd Wolgeachte Herr Johann Steurlein der Eltere, StadtSchultheiß zu Meynungen, Jn der Furstlichen Grafschafft Hennenbergk, die gantze Biblien, Jn Teutsche Rheymen zubringen, Ihme furgenhommen hat, allbereit auch mit dem gantzen Wercke ferttig ist, Vnd Mir desselben größern Theil, fur dieser Zeit gewiesen, Itzo auch den Propheten Jonam, sampt den Summarien darüber, Herrn Viti Ditterichs, Jn Truck gegeben, communicirt, auch darneben mich gebetten hat, das gantze Werck mit einer kurtzen Præfation, dem Christlichen Leser zucommendiren, so habe Jch Jhme solchen freundlichen willen zuerzeigen, auß obgedachten vnd andern Vrsachen, nicht versagen wollen. Vnd wil gantz nicht zweifeln, das, wenn sich gleich ettliche sattsam vollbrötige Christen finden wolten, welchen dise Einfal allzu schlecht furkohmmen möchte, So werdten doch dargegen viel, vnd zwar die bessern guthertzign fromme Christen gefundten werdten, welche Ihnen dise Arbeit wogefallen laßen, vnd dem Authori, an statt eines Deo gratias, viel Glück, Heil vnd Segen, von dem lieben Gott wundschen werdten.

Der getreuwe fromme Gott, wölle Jn vnß allen, die Liebe seines Worts vermheren, stäts vnß mit seiner Gnad vnd dem Heiligen Geiste beywohnen, Jn alle Warheit Väterlichen leitten, das Werck vnserer Hände befördern, zu seinen Ehren richten, Jn erkanter warheit, biß an vnser Ende, bestendig erhalten, vnd endtlich Jn Christo Jesu, ewig selig machen, Amen. Geschrieben zu Dreßden, am 16. Februa[r] A[nn]os 1612.[3]



⇨ Widmungsgedicht von Wolfgang Heider

Anmerkungen

  1. Dichter und Theologe, dessen Kommentar zum Buch der König und Judith bekannt, aber nicht erhalten ist. "Venio ad expofitiones huius libri Bellator olim septem libros super Iuditha scripfit postea Gerardos Lorichius & lacobus Ziglerus Landanus & Cornelius Magnanus quorum Commentarios non vidit hæc ætas." (Quelle: https://books.google.de/books/content?id=Y8pJAAAAcAAJ&hl=de&pg=PA2&img=1&zoom=3&bul=1&sig=ACfU3U3XayUkhyMLB5OLqnUdq3ezE31OTA&ci=511%2C902%2C344%2C93&edge=0) https://www.google.de/books/edition/Thesaurus_pontificiarum_sacrarumque_anti/L6uduqbJr84C?hl=de&gbpv=1&dq=%22magnanus%22%20%22Cornelius%22&pg=PA111&printsec=frontcover
  2. François Bonade (16. Jahrhundert). "Von Xanten gebürtig ein Priester zu St. Jean d'Angeli welcher um an. 1531 gelebet. Er gabe die Psalmen in elegischen Versen heraus, schriebe auch einen Commentarium über das hohe Lied, die Klaglieder Jeremiæ, und die Briefe des H. Pauli, ingleichen einen tractat de Triumphali Resurrectione Jesu Christi" (aus: "Supplement zu dem Baselischen allgemeinen historischen Lexicon", Bd. 2, S. 509 (1742); Link: https://books.google.de/books/content?id=vDk-AAAAcAAJ&hl=de&pg=PA509&img=1&zoom=3&bul=1&sig=ACfU3U3dAGWlvMP5Ka5IEwlcUChtxat98A&ci=53%2C450%2C405%2C108&edge=0
  3. Eigentlich 1609. Siehe Nota Bene am Ende von Steuerleins Vorwort.