Matthäus 27

Aus Johann Steuerleins Reimbibel
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⇦ Capitel 26

[37v]

Das 27. Capitel.
1Des Morgens hielten einen Rath
All Hohepriester Jn der Stadt,
Vnd des Volcks Eltstn, vber Jhesum,
Das Sie Jhn tödtn, vnd brechten vmb.
2Vnd bundten Jhn, vnd füerttn Jhn hin,
(Warn gifftig bös Jn Jhrem Sin).
Sie gabn Jhn Jnß Landtpflegers Hand,
Pontius Pilatus genandt.
3Da das Judas, der Jhn allda
Verrathen hatt, spurt, merckt vnd sah,
Das Er verdammet war zum Todt,
Gereut es Jhn, vnd bracht mit spott
Die dreißig Silberling herwider,
Jn großer furcht, angst, Sorg vnd Zitter,

[38r]

Den Hohenpriestr vnd Eltstn eß gab,
4Vnd sprach: Vbel gethan Jch hab,
Das Jch aus Gottsvergeßnem Muth
Verrathen hab vnschuldig Blut.
5Sie sprachen: Was geht vns das ahn?
Da sieh du zu. Er sich besan,
Die Silberling Jn Tempel warff,
Sein böse That Jhn ängstet scharff,
Hub sich darvon, Jm Zweifel sengkt,
Gieng hin, vnd sich selbsten erhengkt.
6Die Hohenpriester liessn Jhn machen,
Nahmen die Silberling, vnd sprachen:
Eß taug nicht, das wir (Bringt keynn Segen)
Sie Jn den Gotteskasten legen,
Dann Blutgeldt ists, (Schuldt auff sich hat)
7Sie hielten aber einen Rath.
Vnd kaufftn eynn Döpfferß Acker drumb,
Zum Begrebnis der Pilger frummb,
8Daher ist derselb Acker noch
Biß auf disen heutigen Tag
Der Blutacker genandt, der Orten.
9Da ist also erfullet wordten,
Das da gesagt ist, Jn den Reden
Durch Jeremias den Propheten,
Da Er spricht: Sie habn allerding
Genohmmen dreißig Silberling
Damit gar thewr bezahlet wardt
Der Verkauffte, durch Vntrew Art,
Von den Kindern Jsräel eben,
10Vnd haben Sie dahin gegeben,
Vmb einen Döpffers Ackr, Als Mir
Der Herr befohln hat, (diß merckt hier)
11Jhesus fur dem LandtPfleger stundt,
Der fragte Jhn: Sag mir den grundt,
Ob du der Jüden König bist?
Jhesus sprach: Du sagests zur frist.
12Vnd da Er nhu verklaget ward,
Von Eltstn vnd HohenPristern hart,
Antworttet Er nichts, durch sein Stimm.
13Da sprach Pilatus diß zu Jhm:
Hörestu nicht, wie hart Sie dich
verklagen? 14Er drauf stille schwieg,

[38v]

Vnd antwortt Jhm nicht auff ein Wort.
Also, das sich an disem Ort
Der Landtpfleger verwundert sehr,
Waß doch die Vrsach deßen wehr?
15Aufs Fest aber, vmb dise Zeit,
Hatt der LandPfleger Gewonheit,
Dem Volck eynn Gfangnen los zugeben,
Wehn Sie wolten, zum Tod vnd Leben.
16Er hatte aber gleich domalß
Eynn Gfangenen, saß vmb den Halß,
Ein sonderlichen Bubn, (Jst gwies).
Fur Andern, der Barrabas hies.
17Vnd da Sie nhun versamlet wahren,
Wolt Pilatus Jhrn Sinn erfahren,
Sprach: Welchen wollet Jhr allsam,
Das Jch Euch los geb? Barrabam,
Odr Jhesum, von dem Mancherley
Gesagt wirdt, das Er Christus sey?
18Denn Er wol wüsste, das Sie Jhn
Vbrantwortt hattn aus Neidharts Sinn.
19Vnd da Er auf dem Richttstuel sas,
Schickt sein weib zu Jhm, vnd dermaß
Jhm sagen lies: Mann, habe Du
Nichts zuschaffen, Bleib nühr Jn Ruh
Mit disem Grechten, Jch hab heut
(Ach, Das es wüessten alle Leut)
Viel erliettn, vnd Jn angst gelegen,
Jn meinem Traum, von seinet wegen.
20Aber, die Hohenpriester all,
Vnd Eltesten, Jn gleichem fall,
Vberredtetten das Volck gar,
Das Sie, (Jhnn solts sein ohn gefahr)
Vmb Barrabas nhür solten bitten,
Jhesum vmbbrechten, vnd Jhn nicht liedten
21Da antwortt der Landtpflegr, vnd sprach:
Was saget Jhr darzu, Jch fragt?
Welchn wolt Jhr vnter disen Zweyen,
Den Jch Euch soll, vff Ewer Schreyhen,
Loß geben? Nenndt einen, mit Nahm:
Sie sprachen semptlich: Barrabam.
22Pilatus sprach: Bedenckt die Sachen:
Was soll abr Jch mit Jhesu machen,

[39r]

Von dem Jn gmein gar vielerley
Gesagt wird, das Er Christus sey?
Sie sprachen all, aus einem Faß,
Nhür baldten Jhn Creutzigen laß.
23Der Landpflegr sagt, So zeigt es ahn,
Was v̈belß hat Er dann gethan?
Sie schriehen noch mher aus Jhrm Haß,
Vnd sprachen: Jhn Creutzigen laß.
24Da Pilatus sah, vnd erfuhr,
Das Er nichts schaffet, sondern nhur
Viel ein größer getümmel wardt,
Nahm Er waßer (Judischer arth)
Vnd wusche fur dem Volck die Hendt,
Vnd sprach aus seym Hertzen verblendt:
Sehet Jhr zu, wie Jhr Jhm thut,
Jch bin vnschuldig, an dem Blut,
Dieses Gerechtten. 25Da antwortt
Das gantze Volck, vnd sprach: Fort, Fort,
Sein blut komm vber vns zumahl
Vnd v̈ber vnßre Kindter all.
26Da gab Er Jhnn Barrabam los,
Vnd Jhesum lies Er geißeln blos,
Vnd vberantwortt Jhn, der Rott,
Das Er gecreuzigt würdt zum Todt,
27Des Landtpflegers Kriegßknechtt allsamen,
Jhesum zu sich Jns Richthauß nhamen,
Vnd sandetten vber Jhn clar,
Die gantz Schar, so zugegen war,
28Vnd zogn Jhn aus, ob disem Handel,
Vnd legttn Jhm ahn eynn Purpur Mandel,
29Vnd flochten eine Dorne Cron,
Vnd satzten sie (zu schmach vnd hohn)
Auff sein Heupt, Gaben Jhm zur schandt,
Ein Rohr Jn seine Rechte Handt,
Vnd beugetten fur Jhm die Knie,
Vnd spottettn Jhn, Auch sprachen Sie:
Wer hetts gedacht, oder gewüesst?
Du Jüden König, sey gegrüest.
30Vnd speÿetten Jhn ahn, Das Rohr
Sie nhamen, Thetten wie zuuor,
Vnd ohn all Recht, mit keinen fugen,
Damit sein heiliges Heupt schlugen.

[39v]

31Vnd da Sie Jhn hatten verspott
Zogn Jhm die Gottloß Judisch Rott[1]
Den Mandell aus, Zerretten dran,
Vnd zogn Jhm seine Kleider ahn,
Vnd fuereten Jhn strachß aus hin,
Zu Creutzign Jhn, nach Jhrem Sinn.
32Vnd Jn dem Sie giengen hienaus,
Fundten Sie einen Menschen drauß,
Von Kyrene, Mit Nahmn Simon,
Den zwungen Sie, das Er mit hohn
Jhm sein Creutz trüg. 33Vnd da Sie kahmen
Ahn die Stedt, Golgatha mit Nahmen,
Das ist verdeutschet, Scheddelstedt,
34Sie Jhme (derß begeret hett)
Nhur saurn Eßig zutrincken gaben,
Mit Galln vermischt, Sich mitt zulaben,
Vnd da Ers schmecket, wolt Er nicht
Trincken, wendt weg sein Angesicht.
35Nach seiner Creutzigung (Ach leider)
Da theiletten Sie seine Kleider,
Vnd worffen das Los drumb, Auf das
Erfüllet wurdt Jn rechter maß,
Das durch den Prophetn ist gesagt,
Vnd hirv̈ber schmertzlich geklagt:
Die Judische Bübische Knaben[2]
Meine Kleider getheilet haben,
Vnttr sich, vnd vber mein Gewandt
Das Loß geworffn aus Jhrer handt.
36Die saßn alda, Hüttetten sein.
37Vnd oben, zu seyn Heupten fein,
Hefften Sie seines Tods Vrsach
Beschrieben, Jn Kundbarer Sprach:
Nemlich Dieses, wie man eß liest,
Jhesus der Juden König ist.
38Vnd eß wordten an dise Örtter,
Mit Jhm gecreutzigt zween Mörder,
Einer zur Rechten, vnd der Ein
Zur Lincken aufgehengkt musst sein.
39Die aber da fur v̈ber giengen,
Jhn höchlich zulestern anfingen,
Schutteltten Jhre Köpff, 40vnd sprachen:
Laß schawen, wie du eß wilst machen?

[40r]

Der du den Tempel Gotts zubrichst,
Vnd Jhn zubawen dich versprichst
Jn dreyen Tagn: Hilff selber dir,
Bistu Gotts Sohn, Versuchs alhier,
Vnd dich Jn deiner Macht erzeig,
Vnd selbst vom Creutz heraber steig.
41Deßgleichen auch, spottetten sein,
Die Hohenpriester Jn gemein,
Sampt Schrifftgelerttn vnd Eltsten, sprachen:
42Er hat, Andern Jn Jhren Sachen
Geholffn, vnd sonsten Jederman,
Vnd Jhm selber nicht helffen kan,
Jst Er der König Israel?
So steige Er vom Creutze schnell,
So wollen wir Jhm glaubn, ohn spott.
43Er hat Jmmer vertrawet Gott,
Derselb erlös Jhn nhu, Lüests Jhn,
Denn Er hat gsagt, Gotts Sohn Jch bin.
44Deßgleichen schmehetten Jhn auch
Die Mördter, nach Gottlosem brauch,
Die da gecreutzigt wahrn mit Jhm,
Stachen auff Jhn, mit lesstrer Stimm
45Vnd von der Sechsten Stundte ahn,
Ein Finsterns von Jederman
Gesehen ward vbers gantz Land,
Biß zur Neundten Stundt, eß bewandt.
46Vnd vmb die Neundte Stundte, Sieh,
Schreyh Jhesus Laut, vnd sprach: Eli,
Eli, Lamaasabthani?
Daß ist: Mein Gott, Mein Gott (hilffhie)
Warumb hastu Mich doch verlaßen?
47Ettliche aber ahn der Straßen
Die da stundten, vnd hörten das,
Sprachen: Der rüfft dem Elias,
48Baldt lief Einr vnter Jhnen, Nahm
Einen Schwammb, vnd herbey mitt kahm,
Füellt Jhn mit Eßig, Auff ein Rohr
Jhn steckt, vnd trencket Jhn entpor.
49Die andern aber sprachen: Halt,
Laß sehen, Ob auch der gestalt
Elias komm, vnd helffe Jhm.
50Aber Jhesus mit lautter stimm

[40v]

Abermhal schreyhe, vnd verschiedt.
Die Juden meinten, Nhu sey Fried.
51Vnd Siehe, Vnerhörter weis,
Der Furhang Jm Tempel zureis,
Jn zwey Stücke, von oben ahn,
Biß vnttn aus, eß schawts Jederman.
52Ein groß Erdbebem kam daher,
Vnd die felßen zurießen sehr,
Die Greber auch domals begundten
Sich aufzuthun, vnd eß aufstundten
Viel Leib der Heylgen, die da schlieffen,
53Vnd aus den Grebern giengn vnd lieffen,
Nach seiner Auffrstehung herrlich,
Hirob wundert sich mennigklich
Vnd kahmen Jn die Heilig Stadt.
Erschienen vielen auf Jhrm Pfat.
54Der Hauptman, vnd die bey Jhm wahren
Semptliche Jhesum zubewahren,
Da Sie nhu sahen das Erdbeben,
Vnd was da mher geschach hierneben,
Erschrecken Sie gar sehr, vnd sprachen:
O welche mercklich grausam Sachen
Sind diß? Warlich (man spüert hieran)
Dießr ist gewesen Gottes Sohn.
55Vnd es waren viel Weiber da,
Die Jhesu aus Galilea
Wahrn nachgefolget, Stundten da
Von fern, ein Jeglichr zusah.
Die hatten Jhm gedinet zwar.
56Vnter welchen vornemblich war
Maria Magdalena, mher,
Maria die Mutter beider
Jacobii vnd Joses, darbey
Die Muttr der Kinder Zebedei.
57Ahm Abendt kam ein Reicher Mann,
Von Arimathia heran,
Der hies Joseph, welcher auch zwar
Ein Junger des Herrn Jhesu war,
58Der ging zu Pilato, Hintratt,
Vnd Jhn vmb den Leib Jhesu bat,
Da bfahl Pilatus, hieß so eben
Man solte Jhme Jhn nhür geben,
59Vnd Joseph nam den Leib so fein,
Vnd wicklt Jhn Jn ein Linwadt rein,
60Vnd legette Jhn dort hinab,
Jn sein selbst eigenes New Grab,
Welchs Er fur sich hatt laßen bawen,
Vnd hubsch Jn einen Felßen hawen,
Vnd weltzet einen grossen Stein
Fur die Thüer des Grabes hienein,

[41r]

Vnd ging darvon. 61Aber, eß war
Maria Magdalen aldar,
Vnd die Ander Maria, beyd,
Gegen das Grab sich satzten aus Leid.
62Deß Andern Tages bald hernach
Der da folget nach dem Rüsttag,
Kahmn semptlich zu Pilato her,
Die HohenPristr vnd Phariseer,
63Vnd sprachn: Herr, wir haben gedacht,
Das diser Verfürer gesagt,
Da Er noch lebt, Eß soll geschehen,
Jch wil nach drey Tagn aufferstehen.
64Darvmb befiehl, (zusein, ohn gfahr)
Das man das Grab vleissig verwahr,
Biß auf den dritten Tag, auff das
Sein Jünger nicht khomen furbas,
Vnd stelen Jhn, vnd sagn hernach
Zum Volck, (vnß alln zu hohn vnd schmach)
Er ist von Todten aufferstandten,
Vnd lengst hinweg aus disen Landen,
Vnd werdt der letzt Betrug, so gar
Viel ergen, denn der Erste wahr.
65Pitatus sprach: Da habet Jhr
Die Hüeter, nempt sie hin von Mir,
Geht hin, keynn vleiß hieJnnen spart,
Vnd wie Jhr wiesset, wol verwart,
66Sie gingen hin, kahmen hinab,
Verwahrten mit Hüetern das Grab.
Versiegelten den Stein gar vhest,
Nach Jhrem Willn, aufs aller best.

⇨ Capitel 28

  1. Steuerlein schreibt die Verspottung Jesu den Juden zu. Bei Matthäus (und auch in der Vorlage bei Markus) sind die Täter jedoch die Soldaten des Pilatus. Womöglich vermutete er die jüdische Stadtbevölkerung hinter Luthers Übersetzung "die gantz Schar" (Vers 27, griechisch σπείρα (speira)) worunter aber eine Abteilung von Soldaten zu verstehen ist. Die Annahme der Anwesenheit von jüdischen Tätern auch bei diesem Teil der Kreuzungsgeschichte fügt sich ein in die antijüdische Erzählung von der jüdischen Schuld an Jesu Tod, die Matthäus an mehreren Stellen selbst betonen will, auch wenn Jesus letztlich von der römischen Autorität gekreuzigt wurde.
  2. Steuerlein schreibt die Aufteilung der Kleider Jesu den Juden zu. Bei Matthäus sind die Täter jedoch die Soldaten des Pilatus. Siehe vorherige Anmerkung.